Die Braunen ins Töpfchen, die Hellen in die Schale. Lilly und Nick säen Blumen und Gemüse für den eigenen Garten aus. Flugs wird in die Erde gesteckt, was später wachsen soll.
Winzige, bunte, schmale oder kugelrunde Samen aussäen ist ein faszinierendes Erlebnis für Gross und Klein. Vor allem dann, wenn sich später eine zarte Blüte oder ein stattlicher Kürbis daraus entwickelt. Die Aussaat ist die Königsdisziplin beim Gärtnern und macht schon kleinen Kindern enorm Spass. Meist können Kinderhände die einzelnen Körner gar besser dosieren als die grossen Hände von Erwachsenen.
Wenn Kinder mit eigenen Augen beobachten, wie Samen keimen und daraus richtige Pflanzen entstehen, lernen sie, sorgfältig und respektvoll mit der Natur umzugehen. Und trägt dereinst die selbst gesäte Kürbisranke eine kugelige Frucht, so erfüllt dies das Kinderherz mit gesundem Stolz. Das Verständnis für die natürlichen Zusammenhänge wird auf diese Weise gefördert und der Grundstein für eine gesunde Ernährung gelegt.
Egal, ob es sich um grosse ovale Sonnenblumenkerne oder um feine schirmchenähnliche Tagetes-Samen handelt, die Neugier von Lilly und Nick ist geweckt. Heute dürfen die beiden Kinder aussäen. Nicht nur das Befühlen der unterschiedlichen Samenkörner ist lustig, indem man sie von einer Hand in die andere Hand fallen lässt. Das spannende Abenteuer beginnt bereits damit, alle möglichen Gefässe zusammenzutragen: Leere Eierkartons, Kartonrollen von WC-Papier, kleine Plastik- und Tontöpfe, Joghurtbecher und andere gelochte Schalen oder solche, die man durchstechen kann. Weiters wird ein kleiner Beutel Aussaaterde benötigt, eine Giesskanne und die Samentüten, welche Lilly zuvor nach Belieben ausgesucht hat.
Sonnenblumen, Radieschen, Basilikum, Kresse, Tomaten, Kohlgemüse, Erbsen, Zucchini, Mais und Kürbisse gehören zu jenen Gewächsen, die man bereits im März in Töpfchen unter Glas vorziehen kann. Ob das Saatgut im Herbst im eigenen Garten gesammelt wurde oder aus einer gekauften Samentüte stammt, spielt keine entscheidende Rolle. Zur Selbsternte eignen sich etwa Sonnenblumen, Ringelblumen oder Kapuzinerkresse. Die Samen sollten bei der Ernte bereits braun sein und sich trocken anfühlen. Sie werden am besten in einem beschrifteten Briefumschlag aufbewahrt. Das Auswählen von Saattüten im Regal des Fachhändlers kann für die kleinen Gärtner genauso spannend und motivierend sein, denn dank der ansprechenden Tütenbilder in leuchtenden Farben sehen sie bereits das Endziel ihrer Arbeit.
Die Behälter werden nun mit frischer Aussaaterde gefüllt. Dieser Arbeitsschritt gefällt den Kindern besonders, denn es gibt kaum etwas Schöneres als mit den Fingern in der Erde zu wühlen. Lilly und Nick drücken das Substrat leicht mit dem Handballen an. Danach folgt das eigentliche Aussäen. Hier gilt es, die Samen einzeln und möglichst regelmässig in die Schalen und Töpfchen zu verteilen.
Nach der Aussaat kontrolliert Lilly fast täglich den Stand der Dinge. Ein Blick in ihre neugierigen Augen spricht Bände: «Wann treiben wohl die ersten Blattpaare durch die Erde? Weshalb dauert das so lange? Was passiert nun im Boden?»
Lillys Fragen sind verständlich, und es bietet sich eine gute Möglichkeit, die Wartezeit zu verkürzen: Dazu einige Bohnensamen in warmem Wasser ein paar Stunden einweichen. Ein Glas mit einem zusammengefalteten Haushaltpapier auslegen, die eingeweichten Bohnen darauf platzieren und das Ganze mit handwarmem Wasser befeuchten. Die Bohnen keimen bereits nach einigen Tagen. Fast im Stundentakt kann man jetzt beobachten, wie der Sämling grösser wird und Wurzeln und Blätter entwickelt. Kinder verfolgen die Keimung mit Spannung wie im Kino, denn dieser Vorgang spielt sich sonst im Verborgenen unter der Erde ab. Die Aussaat von essbaren Keimlingen wie Sojasprossen, Linsen, Alfalfa oder Kresse lohnt sich doppelt: Hat sich das spriessende Wunder vollzogen, so schmecken die kleinen Vitaminbomben köstlich auf Brot oder als Salatbeilage.
Text und Fotos: Ruth Schläppi